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Evangelium – Gottes langer Marsch durch seine Welt

02_Einfach-EmergentIn Teil 2 der Reihe „Einfach emergent“ erzählen Peter Aschoff und Walter Faerber auf 80 Seiten vom Evangelium als Bewegung, mit der Gott geduldig und über viele Umwege seine Welt zurück gewinnt. Von den Anfängen in Israel und Rom bis zur globalisierten Welt des 21. Jahrhunderts. Das Buch ist erfrischend zu lesen und überrascht mit erhellenden Verbindungen zwischen paradigmatischen Ereignissen der Kirchengeschichte.

Dabei immer im Blick die Zielfrage: Was ist das Evangelium? Oft führte diese Frage dazu, dass griffige Formeln oder wasserdichte Bekenntnisse gesucht und formuliert wurden. Demgegenüber beobachten die Autoren jedoch, dass in der Heiligen Schrift unterschiedliche Formulierungen des Evangeliums nebeneinander stehen und gut miteinander auskommen. Daher schlagen sie vor, den Blick zu weiten, um zu einem Verständnis der Guten Nachricht zu kommen, das der Weite der biblischen Erzählungen gerecht wird:

“Wer aber mit einem möglichst breiten Blick die Christenheit in Geschichte und Gegenwart wahrnimmt, dem wird es nicht mehr gelingen, das “reine Evangelium” in einer überschaubaren, zeitlosen und umfassenden theologischen Formel zu fixieren. […] Sinnvoller ist es, das Evangelium als eine Bewegung zu verstehen.” (S. 81)

Und das in einem dreifachen Sinn:

  • als Bewegung Gottes durch seine Welt, um sie zu befreien aus der Versklavung durch die Mächte des Todes,
  • als eine Bewegung von Menschen, die sich diesem Weg Gottes angeschlossen haben, unterschiedlich und doch vom selben Geist bewegt,
  • als Bewegung, die diese Welt dynamisiert und dem Lauf der Geschichte immer wieder entscheidende Impulse gegeben hat.

Wer das Evangelium in diesem Sinne als Bewegung versteht, ist nicht mehr auf der Suche nach einer überzeitlichen theoretischen Idee, sondern vielmehr interessiert daran, wie sich Gottes Bewegung in der eigenen Zeit realisieren und Gestalt annehmen kann. Die Stationen der Kirchengeschichte sind dabei wertvolle Impulse. Schließlich ist es dasselbe Evangelium,

  • das den Christen des römischen Reiches half, im Dschungel der Städte Oasen der Solidarität zu bilden,
  • das die irischen Mönche dazu brachte, dem danieder liegenden Europa nach der Völkerwanderung wieder auf die Beine zu helfen,
  • das Franziskus zum Bruder der Armen machte,
  • das Martin Luther von seiner religiösen Angst befreite,
  • das Zinzendorf und die Herrnhuter in die große Welt führte
  • und das Dietrich Bonhoeffer zum Verschwörer werden ließ.

So unterschiedlich sie und viele andere sind – sie haben sich von Gottes Impuls anstoßen lassen und sind Teil seiner Bewegung geworden. Ihre verschiedenen Realisierungen des Evangeliums sollten nicht gegeneinander ausgespielt, sondern als Mosaiksteine zusammen gelegt werden, so dass ein umfassenderes und klareres Bild des Evangeliums entsteht, das dazu inspiriert selbst weiter mit zu gestalten. Dazu wollen Peter Aschoff und Walter Faerber ermutigen: Teil des Evangeliums, der Bewegung Gottes in dieser Welt zu sein in einer Zeit, in der Christentum und Kirche inmitten der pluralen Gesellschaft an Macht verlieren.

Wie das geht, verdeutlichen die Autoren im Epilog des Buches am Beispiel der Aussendung der 72 Jünger (Lukas 10,1-12), die von Jesus mit der der Botschaft vom kommenden Reich Gottes losgeschickt werden. Eine Bewegung, die mehr im Sinn hat als eine nur private Gerechtigkeit, um sich für einen jenseitigen “Himmel” zu qualifizieren. Es geht hier um eine öffentliche Wahrheit. Doch um sie zu verbreiten,

„mieten Jesu Jünger kein Stadion, stellen kein Zelt auf, lassen keine Einladungen zu Veranstaltungen verteilen, sondern sie gehen dorthin, wo die Menschen wohnen und arbeiten.” (:88)

Dabei spiegeln sie den Lebensstil ihres Auftraggebers wider: Sie kommen schutz- und wehrlos, auf Gastfreundschaft angewiesen, ohne todsichere Argumente, ohne pompöses Auftreten oder Einschüchterung. Sie bringen den Menschen ganz schlicht ein freundliches Evangelium, den Anbruch von Gottes neuer Welt mitten in der von Resignation, Schmerz und Tod belasteten Gegenwart. Was könnte aktueller sein?

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